Birgit Weinstabl arbeitet spontan, schnell und extrem fokussiert. Sie trägt Schichten auf, sie schafft Tiefe, konstruiert und dekonstruiert dann wieder. Hinter Farben und Flächen tauchen Körperformen auf. Filigrane Linien, die sich durch den bröseligen Strich von Kohle oder Bleistift ergeben, verbinden die einzelnen Ebenen miteinander. Die grelle Farbigkeit und die Mehrdimensionalität sorgen dafür, dass die Bilder dem Betrachter nicht nur erscheinen, sondern widerfahren. Sie wollen berühren und sprengen so die konventionellen Wahrnehmungsprozesse zwischen Kunstwerk und Betrachter. Ihre Bilder werden zur frei interpretierbaren Entdeckungsreise.
Was wir heute hier sehen, ist im weitesten Sinne Malerei. Denn für Birgit Weinstabl ist Malerei keineswegs auf Leinwand und Pinsel beschränkt. Malerei ist Tun, ist Schaffen. Malerei ist mehr als das Auftragen von Farbe auf einen Malgrund. Deutlich wird dieses Verständnis von Malerei in den unterschiedlichen Techniken, die Birgit Weinstabl benutzt. In den verschiedenen Arbeiten spiegeln sich Motive und Gedanken wieder. So beeinflusst eine Installation die Arbeit auf der Leinwand und umgekehrt. Die Gegenüberstellung mehrerer Techniken, wie wie sie hier in diesem Raum erfahren können, erweitert und sprengt die Grenzen des klassischen Kunstverständnisses.
In der Installation sehen wir nicht nur einen deutlichen Zusammenhang zur Malerei, hier zeigt sich auch das impulsive und spontane Reagieren der Künstlerin auf ihre Umgebung. Die Fäden, mit denen sie die Netze und Knotenpunkte spannt, stammen aus der Kunstfabrik. Rot, auffällig, verdichtet beginnt das Netz, in denen sich die Plättchen verankert haben. Wie Gedanken fallen sie aus dem dichtgespannten Netz, das immer durchsichtiger wird, bis die Plättchen losgelöst über dem Boden zu schweben scheinen. In der Installation draußen werden auch akustische Bezüge zur ehemaligen Bandfabrik hergestellt.
Mehrdimensionalität ist sozusagen der rote Faden, der sich durch die Arbeiten von Birgit Weinstabl zieht. Die Aufhebung der Zweidimensionalität, wie wir das bereits auf den Leinwänden wahrnehmen können, wird besonders in der Reihe der sogenannten „Testplatten“ deutlich. Die Keramikplatten werden anstelle der Leinwand zum Träger der Malerei. Sie ragen aus der Wand hervor, rücken dem Betrachter entgegen und konfrontieren ihn mit wechselhafter Struktur und Oberfläche. Ritzungen und schemenhafte Körper erinnern an eine archaische Herangehensweise, wie wir sie von Höhlenmalerei kennen. Entstanden durch eine Technik in der Keramik, nämlich das Testen der Farbe und Glasur auf kleinen Platten, werden die Keramikarbeiten hier schrittweise zu einer vollendeten künstlerischen Komposition.